Die Begriffe ESD und Antistatik werden im Bereich Arbeitsschutz oft durcheinandergebracht. Wir klären in diesem Blogartikel die Frage „Was ist ESD?“ auf, veranschaulichen Ihnen den Unterschied zwischen Antistatik und ESD und gehen darauf ein, welche Maßnahmen Sie gegen elektrostatische Aufladung ergreifen können. Dabei gehen wir auf folgende Punkte genauer ein:

Elektrostatische Entladung - Was ist ESD?

ESD steht für electrostatic discharge. Die elektrostatische Entladung ist im Gegensatz zur Antistatik keine Gefahr für den Menschen selbst, sondern für sehr empfindliche elektronische Bauteile. Der Mensch kann durch Reibung- oder Kontaktaufladung gefährliche Spannungen entstehen lassen. Übersteigt die Spannung bereits 100 Volt, kann diese elektronische Bauteile ernsthaft beschädigen. Das Problem hierbei ist, dass der Mensch derlei Stromstöße erst ab ca. 3.500 Volt wahrnimmt. Der Leidtragende ist in diesem Fall also nicht direkt der Mitarbeiter, der die unkontrollierte Entladung herbeiführt. Jedoch ist er derjenige, der im Zweifelsfall für ein nicht korrekt funktionierendes Endgerät verantwortlich ist.

Industriemitarbeiterin arbeitet mit uvex phynomic airLite ESD Schutzhandschuhen an elektronischen Bauteilen.

ESD vs. Antistatik – Was ist der Unterschied?

Dem gegenüber ist die antistatische Ausstattung eine sicherheitsrelevante Ausstattung eines Sicherheits- oder Berufsschuhs und dient dem Mitarbeiter z.B. vor Gefahren durch Zündung von entflammbaren Substanzen oder Dämpfen oder als begrenzter Schutz gegen elektrische Schläge bis 250 Volt.  Elektrischen Ladung ist Reibung, die der Mensch durch Bewegung erzeugt – z.B. das Reiben der Oberarme seitlich am Rumpf beim Gehen. Wird diese gefährliche Energie dann plötzlich freigegeben, kann sich ein Luft-Staub- oder Luft-Gas-Gemisch entzünden und eine Explosion herbeiführen. Der Leidtragende wäre in diesem Fall direkt der Mitarbeiter selbst.

Auch das Einsatzgebiet der beiden statischen Ladungen unterscheidet sich:

  • Elektrostatische Entladung (ESD) entsteht bei Arbeiten an und mit empfindlichen Bauteilen in der Halbleiter-, Elektronik-, Automobil- und Pharmaindustrie.
  • Antistatik dagegen findet sich in explosionsgefährdeten Bereichen in der Chemieindustrie, Tanklager, Raffinerien, Silos, Förder-, Misch- und Mühlenanlagen.

Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung und Antistatik

Um sich vor elektrostatischer Aufladung und Antistatik zu schützen gibt es mehrere Maßnahmen, die Sie ergreifen können:

Es gibt zudem zwei weitere Faktoren, die elektrostatische Aufladung und Entladung begünstigen: Luftfeuchtigkeit und Temperatur. So verursacht eine trockene Umgebung mit einer Luftfeuchte von ca. 20 % sehr viel höhere Ladungen bei der Berührung zweier Materialien als derselbe Vorgang bei 65 % Luftfeuchtigkeit. Daher ist die Gefahr statischer Aufladung im Sommer sehr viel geringer als im Winter. Zu hohe Luftfeuchtigkeit hat im ESD-Bereich allerdings ungünstige Auswirkungen auf das Lötverhalten und die begünstigte Korrosion.

Neben den Umgebungsfaktoren gehen wir nun näher auf die oben genannten Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung und Antistatik ein.

ESD-Bekleidung

Da bei elektrostatischer Entladung dem Menschen keine Gefahr droht, sondern Objekte dadurch beschädigt werden, wird im ESD-Bereich keine PSA eingesetzt. Dennoch muss die ESD-Bekleidung einer bestimmten Norm entsprechen: Der ESD-Norm IEC 61340-5-1. Auch wenn diese nicht zur persönlichen Schutzausrüstung zählt, muss die Bekleidung hohe Anforderungen erfüllen: Der geringe Spannungsbereich (ab 100 Volt aufwärts), in dem die Bekleidung elektrostatische Aufladungen vermeiden beziehungsweise kontrolliert ableiten muss, verlangt komplexe Materialanforderungen.

Schematische Darstellung von ableitfähigem Nega-Stat®-Garn
Ableitfähiges Nega-Stat®-Garn

In der Vergangenheit wurde im ESD-Bereich überwiegend Bekleidung aus 100 Prozent Baumwolle eingesetzt. Diese hat wie alle natürlichen Fasern den Vorteil, dass sie auch ohne zusätzliche Ausrüstung nur sehr gering antistatisch aufladbar ist. Jedoch spielt hier die Luftfeuchtigkeit eine wesentliche Rolle: Das Naturmaterial ist von sich aus hygroskopisch – bindet also Feuchtigkeit aus der Luft –, was die Ableitfähigkeit in einer Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit begünstigt. Ist die Luft jedoch eher trocken, fehlt dem Baumwoll-Kleidungsstück die Feuchtigkeit in der Faser – es verliert seine natürliche Ableitfähigkeit und kann sich gefährlich aufladen. Baumwolle birgt außerdem die Gefahr, dass sich ihre Stapelfasern herauslösen. Aufgrund unterschiedlicher Ladungen haften diese Fasern dann an den Bauteilen und führen ebenfalls zu Problemen. Durch den Einsatz von langen, hochwertigen Stapelfasern wird diesem Problem entgegengewirkt.

Chemiefasern, wie z.B. Polyester, sind hingegen Endlosfasern, wodurch eine Kontamination durch lose Fasern stark reduziert wird. Im Gegensatz zur Baumwolle ist diese jedoch nicht hygroskopisch, weshalb sich die Fasern durch Reibung stark aufladen. Um diese Aufladung zu begrenzen und der Antistatik- wie auch der ESD-Norm gerecht zu werden, müssen dem Kleidungsstück zusätzliche Fasern oder Garne hinzugefügt werden. Dabei wurde auf das leitfähige Resistat® und das ableitfähige Nega-Stat® zurückgegriffen. Bei Resistat® handelt es sich um einen synthetischen Kern mit Carbon-Ummantelung und bei Nega-Stat® um einen Carbon-Kern mit Polyester-Ummantelung. Das Hinzufügen dieser Fasern/Garne ist mittlerweile zum Standard geworden, der auch bei Mischgewebe und Gewebe aus 100 % Baumwolle zum Einsatz kommt.

Durch den Einsatz von Carbon wird der Widerstand minimiert und das kontrollierte Abfließen von Ladung begünstigt. Die (ab)leitfähige Faser muss im ESD-Bereich aufgrund festgelegter Prüfverfahren immer an der Außenseite liegen. Zudem muss das Garn bei Webwaren als Gitter – Maximalabstand von 5 x 5 mm2 je Quadrat) angeordnet sein, um den geforderten Ladungsabbau zu ermöglichen. Bei Strick- und Wirkwaren muss das Garn aufgrund der Konstruktion in die Maschinenbindung integriert werden. Zusätzlich wird für die Schließnähte (ab)leitfähiges Garn verwendet.

Nahansicht eines Stoffmusters von Strick- und Wirkwaren mit ableitfähigem Garn
Strick- und Wirkwaren
Nahansicht eines Stoffmusters von Webwaren mit ableitfähigem Garn
Webwaren
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Antistatik-Bekleidung

Da bei Antistatik der Mensch direkt geschützt werden muss, handelt es sich bei der Antistatik-Bekleidung um persönliche Schutzausrüstung (PSA). Diese muss die Normen EN 1149-5, EN ISO 13688 und 2016/425 erfüllen. Während im ESD-Bereich ausreicht, den Oberkörper zu bedecken, muss die Antistatik-Bekleidung immer in Kombination aus Jacke und (Latz-)Hose bestehen. Das Material besteht aus Grundgewebe, das mit speziellen Fasern oder Garnen veredelt wird, um die Ableitfähigkeit zu erhöhen. Zudem werden synthetische Fasern mit hygroskopischer Eigenschaft verwendet. Für Antistatik ist es nicht von Bedeutung, ob der Kern oder der Mantel (ab)leitfähig ist. Jedoch müssen auch hier ein Gitter (kleiner als 10 x 10 mm2) oder parallel angeordnete Garne (Abstand kleiner als 10 cm) an der Oberfläche verlaufen, um die Antistatik-Norm EN 1149-3 zu erfüllen.

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Erdung und Ableitung durch ESD-Arbeitsschuhe

Grundanforderung für die uneingeschränkte Funktion der Kleidung, unabhängig von der Norm, ist die Erdung des Trägers. Diese erfolgt im Arbeitsumfeld, welches den Antistatik-Schutz benötigt, häufig über ein geeignetes Schuhwerk-Boden-System. Auch im ESD-Umfeld kommt bei stehenden und bewegungsreichen Tätigkeiten überwiegend dieses System der Erdung zum Einsatz. Sitzende Tätigkeiten erfordern hingegen (zusätzlich) ein Handgelenksband, damit der Potentialausgleich trotz des geringen Kontakts mit dem Boden stattfinden kann.

Im Bereich der Arbeitsschuhe werden die antistatischen Eigenschaften des Schuhs und ihre ESD-Fähigkeit unterschieden. Häufig wird die Frage gestellt, ob ESD-Kleidung auch im Antistatik-Bereich eingesetzt werden kann und umgekehrt. Leider ist ein Vergleich hinsichtlich der elektrostatischen Eigenschaften von ESD- und Antistatik-Kleidung nicht so übersichtlich wie beim Sicherheitsschuh. Beim Schuh zählt der in der Norm vorgegebene Durchgangswiderstand, wodurch die Werte gut nachvollziehbar miteinander verglichen werden können.

Tabelle: Unterschiede im Durchgangswiderstand bei leitenden, antistatischen oder isolierenden Arbeitsschuhen und Sicherheitsschuhen

Ein Sicherheitsschuh ist dann antistatisch, wenn sich der Durchgangswiderstand zwischen 100 Kiloohm (105 Ohm) und 1 Gigaohm (109 Ohm) befindet. Bei einem geringeren Durchgangswiderstand gilt er gemäß Norm als leitend und bei einem höheren Wert als isolierend. Da ESD-Arbeitsschuhe elektronische Bauelemente gegen elektrostatische Aufladung schützen sollen, liegt die Grenze des Durchgangswiderstands hier bei 100 Kiloohm und die Obergrenze bei 100 Megaohm (1 x 108 Ohm) – das bedeutet, dass ESD-Schuhe immer auch antistatisch sind. Diese werden mit der ESD-Kennzeichnung versehen. Antistatische Arbeitsschuhe sind aber nicht immer gleichzeitig ESD-fähig: Denn wird ein Durchgangswiderstand von größer 100 Megaohm gemessen, ist der Schuh antistatisch, aber außerhalb der ESD-Grenzwerte und somit nicht ESD-fähig. Diese erhalten keine ESD-Kennzeichnung, jedoch eine Sicherheits- bzw. Berufsschuh-Kennzeichnung, z.B. A oder S1 bis S5 bzw. O1 bis O5.

Sicherheitsschuhe von uvex mit ESD-Zertifizierung gibt es in vielen Varianten und Ausstattungen für eine Vielzahl von Einsatzbereichen. Ihr zuständiger Vertriebsmitarbeiter hilft Ihnen gerne bei der Auswahl und Identifizierung von für Ihren Bereich geeigneten Modellen.

Arbeitsschuhe mit S1- bis S3-KennzeichnungESD-Arbeitsschuhe

Ein im wahrsten Sinne des Wortes „spannendes“ Thema, zu dem wir Sie nun hoffentlich ausreichend aufgeklärt haben. Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und beraten Sie bei der geeigneten Produktauswahl für Ihren Arbeitsbereich.

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